54 Stunden, nachdem wir die Heimat für ein neues Abenteuer verlassen haben, sind wir, unser gesamtes Gepäck leider noch nicht, im Hotel in Purmamarca in der nordargentinischen Provinz Jujuy angekommen. Das Abenteuer hat dieses mal wirklich schon bei der Anreise begonnen und dabei haben wir uns bei der Airline bewusst für eine viel besser bewertete Südamerikanische Airline entschieden, um die, nach einer spanischsprechenden Halbinsel im Süden Europas benannte Fluglinie, mit der wir bis dato nicht gerade die besten Erfahrungen gemacht hatten, zu vermeiden.
Dabei hatte alles ganz gemütlich begonnen. Der Abflug am kleinen Salzburger Flughafen verlief, wie gewohnt, reibungslos, auch in Frankfurt hatten wir genügend Umstiegszeit für den Weiterflug nach Sao Paulo. Mit leichter Verspätung saßen dann alle Passagiere im Flugzeug, alles startklar, möchte man meinen. Warten, warten, warten…nach geschlagenen 2 Stunden im Flugzeug setzte der Pilot dieses endlich in Bewegung, nur um eine Flughafenrunde später zu verkünden, dass wir heute nicht mehr fliegen werden, da der Flughafen jetzt geschlossen hat und wir um 23:03 Uhr den letztmöglichen Abflug um 3 Minuten versäumt haben.
Deutsche Gründlichkeit und südamerikanische Lockerheit vertragen sich also nicht wirklich gut. Alles Aussteigen und mit dem Bus zurück zum Flughafen, wo uns die Crew der Fluglinie NICHT erwartet. Nach langem Suchen konnten wir endlich eine Mitarbeiterin ausfindig machen, die uns auf einen Bus verwies, der uns in ein Hotel bringen würde. Um 2:00 Uhr vielen wir müde in unsere Betten im 45. Stock des Innenstadthotels. Da ein Weiterflug erst wieder am nächsten Abend möglich war, konnten wir in Ruhe ausschlafen und uns dann 5 Stunden vor der geplanten Abflugzeit zum Flughafen begeben. Viel zu früh, wenn sich das Gepäck schon in der Maschine befindet, möchte man meinen. Es gibt aber Fluglinien, da benötigt man diese Zeit. Alle Reisenden saßen wieder auf den Plätzen des Vortages und dann gleich das nächste Dejavue. Schon zwei Stunden Verspätung, schön langsam macht sich die Sorge breit, dass uns der Flughafen wieder vor der Nase zusperrt, aber dann geht’s endlich in die Luft auf unsere Reise nach Südamerika.
Über Sao Paulo und Buenos Aires fliegen wir nach Salta in den Norden Argentiniens. Schon in Buenos Aires, wo man das gesamte Gepäck durch den Zoll bringen müsste, wird uns aber klar, dass unser gesamtes Fluggepäck in Sao Paulo liegen geblieben ist.
Den Tag, den wir in Frankfurt verloren haben, können wir glücklicher Weise noch recht einfach hereinholen, indem wir die geplante Nacht in Salta streichen und gleich nach Pumamarca weiterfahren. Die nächsten 5 Tage dürfen wir die Vorzüge einer Reise mit leichtem Gepäck genießen, so lange benötigt nämlich unser Fluggepäck bis es wieder den Weg zu uns findet.
Nach einer erholsamen Nacht bekommen wir bei einer kurzen Wanderung rund um den Cerro del los Siete Colores gleich einen kurzen Vorgeschmack, was uns die nächsten Tage immer wieder zum Staunen bringen wird: Die unglaubliche Farbenpracht in einer, genau betrachtet, trostlosen Wüstengegend.
Mit unserem Minibus fahren wir durch das Quebrad Huamahuaca, mit seinen Kakteenbewachsenen Berghängen, nach Norden in Richtung bolivianischer Grenze. Es geht immer leicht bergauf und schnell ist die Puna, die Hochebene, der argentinische Ausläufer des Bolivianischen Altiplano erreicht. Die Landschaft ist durch den Höhenunterschied sehr abwechslungsreich und wir erreichen nach einer sehr kurzweiligen Fahrt schon gegen Mittag den Grenzort La Quiaca. Hier verabschieden wir uns von Raul unserem argentinischen Fahrer und überqueren zu Fuß die Grenzbrücke.
Auf der anderen Seite erwartet uns, nach einer problemlosen Grenzabfertigung, wieder ein Minibus mit Fahrer, der uns unter dem Namen „Speedy“ sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird. Mit quietschenden Reifen und zahlreichen spannenden Überholmanövern erreichen wir schließlich Tupiza, wo wir unsere erste Nacht in Bolivien verbringen.
Am nächsten Tag können wir nach einer sportlichen Fahrt schon in der Mienenstadt Potosí Mittagessen und danach die Casa Real de la Moneda besichtigen. Hier wurde der gesamte, aus dem Cerro Rico gewonnene, Silberreichtum der Stadt zu Münzen geprägt, die dann auf dem Rücken von Llamas über die Anden nach Arica transportiert wurden, von wo man sie auf dem Seeweg nach Spanien brachte. Insgesamt 60.000 Tonnen Silber wurden aus dem „Reichen Berg“ zu Tage gefördert und verhalfen Potosí, und natürlich auch den Spaniern, zu ungeahntem Reichtum. Aber auch die Kehrseiten sind in Potosí, dem Tor zur Hölle, sogar jetzt noch allgegenwärtig. So steht Kinderarbeit in den Mienen auch heute noch auf der Tagesordnung und die männliche Lebenserwartung liegt bei nur 39 Jahren! Viele der fast 40 einst prachtvollen Kirchen sind dem Verfall geweiht.
Nach der ersten Übernachtung haben wir hier eine Akklimatisationstour geplant. Die Treppen in unserem gemütlichen Hotel, einem alten, im Kolonialstil erbauten Haus, nehmen wir momentan noch im Schneckentempo. Immerhin befinden wir uns hier ja schon auf 4.000 Metern.
Ich bestelle ein Taxi für sechs Personen, um zum Ausgangspunkt der Bergtour zu gelangen. Ungläubig schaut uns der Fahrer (inklusive seiner Frau, die auch mitfahren will) an, als wir ihm erklären, dass sein kleiner Toyota mit Stufenheck dafür wohl zu klein sei. Nach kurzer Verhandlung fahren wir dann mit zwei Taxis in die Nähe des Mieneneinganges, dem Ausgangspunkt für den 4.970 Meter hohen Kari Kari.
Den Cerro Rico immer wieder im Blickfeld wandern wir vorbei an der fast ausgetrockneten Laguna San Sebastián und weiter bis zu einem etwas kleineren See. Von dort halten wir uns dann links und steigen den fast Weglosen Berghang bis zum breiten Gratrücken auf, der mehr oder weniger direkt zum recht einfachen Gipfel führt. Große Felsblöcke am Gipfel, die angenehm warm sind, lassen eine gemütliche Gipfelrast zu, ehe wir über den gesamten Gratrücken bis ans westl. Ufer der Laguna San Sebastián absteigen und so eine schöne Rundtour daraus machen.
So konnten wir schon unseren ersten (fast) 5.000er besteigen noch ehe das Gepäck, das mittlerweile eine Reise über Lima nach La Paz angetreten hat, bei uns eingetroffen ist. Da wir hier in Potosí für den Weiterweg auf zwei Geländefahrzeuge wechseln, nehmen unsere beiden Fahrer Raymundo und German das gesamte Gepäck aus La Paz mit, ehe sie uns hier abholen. Schade, jetzt hätten wir uns fast an die unkomplizierte Art, mit leichtem Gepäck zu reisen, gewöhnt, aber für die kommenden Bergziele benötigen wir die Taschen unbedingt und frische Unterwäsche schadet nach 5 Tagen sicher auch nicht.
Nach einer weiteren Nacht in der Mienenstadt fahren wir vorerst auf einer noch gut ausgebauten Straße nach Uyuni und weiter nach Colchani. Hier können wir uns anschauen, wie am größten Salzsee der Erde Speisesalz auf einfachste Art und Weise gewonnen wird. Dann beginnt aber für uns das unglaublich beeindruckende Erlebnis Salzsee. Für unser nächstes Bergziel, den 5.207 Meter hohen Tunupa müssen wir den gesamten Salar de Uyuni durchqueren und halten dabei in gerader Linie auf den markanten Vulkan zu.
Zahlreiche Fotostopps später erreichen wir so den kleinen Ort Coquesa, wo wir in einer sehr gemütlichen Eco-Lodge übernachten. Besonders das Abendessen bei Kerzenlicht am Ufer des Salzsees wird uns hier in Erinnerung bleiben. Was für ein beeindruckender Tag!
Es wartet aber schon das nächste Highlight, im wahrsten Sinne des Wortes, auf uns. Noch in der Dunkelheit fahren wir über den kleinen, für den Quinoa-Anbau bekannten, Ort Jirira zur Basis des Tunupa. Der Vulkan bildet eine Art Halbinsel, die in den Salar de Uyuni ragt und wir können so auf ca. 4.200 Metern einen sagenhaften Sonnenaufgang genießen, während wir gemütlich frühstücken und uns auf die Tour vorbereiten. Der Aufstieg hält auf jeden Fall, was er verspricht. Zwar ist der eigentliche Hauptgipfel am Kraterrand nur sehr schwierig zu erreichen, der Weg auf den Vorgipfel über und durch die bunten Gesteinsformationen lässt aber das Bergsteigerherz höherschlagen. Immer wieder schweifen unsere Blicke auch hinunter in die Ebene zum Salar, dessen riesige, strahlend weiße Oberfläche, wie eine geschlossene Nebeldecke, unter uns liegt. Der erste 5.000er unserer Reise wäre geschafft.
Nach einer weiteren Nacht in Coquesa können wir den Salzsee wirklich hautnah erleben. Wir fahren wieder quer über die 10.000 Quadratkilometer große Salzfläche zur Isla Pescado, wo wir den zweithöchsten Berg der kleinen, aus der Salzfäche ragenden Insel, besteigen. Vorbei an beeindruckend großen Kakteen geht es hier über einen kleinen, nicht immer ganz leicht zu findenden Steig, zum höchsten Punkt. Wir sind hier ganz allein unterwegs!
Schon etwas mehr Touristen finden wir auf der nächsten kleinen Insel, die wir besuchen, vor. Hier gibt es auch ein kleines Restaurant, wo wir zu Mittag essen, bevor wir uns auch hier auf etwas über 3.700 Metern die Füße vertreten. Die Insel Incahuasi, bietet eine schöne Rundwanderung mit großartigen Fotomotiven, wie einem Korallenfenster, einer kleinen Höhle und natürliche auch hier den bis zu 6 Meter hohen Kakteen.
Noch einmal geht es für uns querfeldein über die riesige, wabenförmig strukturierte Salzfläche nach Colchani, wo wir in einem luxuriösen, komplett aus Salz erbauten Hotel übernachten. Ein willkommener Kontrast zu den nächsten, sehr einfachen Unterkünften in der Wüste des Eduardo Avaroa Nationalparks.
Hier am Rand des großen Salzsees gesellt sich Zenobio, unser Koch für die nächsten Tage, zu uns. Nachdem wir in Uyuni noch den bekannten Eisenbahn Friedhof besucht haben, fahren wir auf unbefestigten Straßen und holprigen Pisten weiter Richtung Süden in die Cordillera Lipez nach Quetena Chico. Hier steht, sehr abgelegen, der 6.008 Meter hohe Vulkan Uturunco, unser Ziel für den nächsten Tag.
Mit unseren beiden Geländefahrzeugen können wir hier auf fast 5.600 Meter über eine alte, teils wilde Minenstraße fahren. Die doch schon recht beachtliche Höhe lässt den Gipfelaufstieg aber nicht zum Spaziergang werden. Dazu kommt noch das mühsame Gehen über den lockeren Vulkanschotter. Wir gehen ein langsames, aber gleichmäßiges Tempo und so steht noch am frühen Vormittag die gesamte Gruppe geschlossen auf dem Gipfel! Was für ein atemberaubendes Gefühl, zumal es für gleich drei der sechs Teilnehmer ihr erster 6.000er ist!
Der Abstieg geht, wie auf den meisten Vulkanbergen, recht flott und so erreichen wir schon bald wieder unseren Ausgangspunkt, wo wir die Jeeps wider mit unserem gesamten Gepäck beladen und noch eine kurze Fahrt ans Ufer der Laguna Colorada hinter uns bringen.
Mit einer kurzen Wanderung an der rot und grün gefärbten Lagune, vorbei an unzähligen Flamingos, beginnt wohl einer der beeindruckendsten Fahrtage dieser 3-wöchigen Reise. Immer in einer Höhe um die 5.000 Meter durchqueren wir die unterschiedlichsten Wüstenlandschaften. Verschönert wird dieser Tag zudem noch durch die Geysirlandschaft Sol de la Manana, wo wir blubbernde Schlammlöcher, Pools in allen Farben und kochende Geysire bewundern können.
Pünktlich zur Mittagspause erreichen wir die heißen Quellen von Polquis, wo wir während Zenobio das Mittagessen zubereitet, ein willkommenes Bad nehmen. Am frühen Abend erreichen wir, nah an der chilenischen Grenze die Laguna Blanc und Laguna Verde und somit unseren Ausgangspunkt für einen der formschönsten Vulkane Südamerikas, den Licancabur.
Er ist zwar mit 5.916 Metern kein „richtiger“ 6.000er, der kleine Kratersee und der unbeschreibliche Rundumblick am Gipfel machen ihn aber zu einem ganz besonderen Bergerlebnis. Der Lincancabur will aber hart erarbeitet werden! Noch in der Dunkelheit beginnen wir den langen, steilen Aufstieg über 1.300 Höhenmeter bis zum Gipfel, dafür werden wir mit fast windstillen Verhältnissen belohnt und können den Aufenthalt am höchsten Punkt so richtig genießen. Auch der Abstieg ist kein Honigschlecken, oft grobblockiges Gelände verhindert hier ein entspanntes „Abfahren“ wie an anderen Vulkanbergen.
Müde vom langen Auf- und Abstieg freuen wir uns schon auf etwas Entspannung im „nur“ noch auf 2.500 Meter gelegenen Oasenort San Pedro de Atacama. Davor müssen wir aber noch den Grenzübertritt nach Chile, unserem, nach Argentinien und Bolivien, dritten Reiseland, schaffen.
Bei der Einreise nach Chile wird ja bekanntlich besonders genau kontrolliert und auch wir müssen hier die Fahrzeuge komplett entladen und alle Taschen öffnen. Nach der ein oder anderen Speck-, Wurst- und Schokoriegel-„Spende“ an die Grenzbeamten geht es dann aber weiter hinab in Richtung San Pedro.
Nach einer erholsamen Nacht tauchen wir so richtig ein ins Kontrastprogramm der Touristenhochburg San Pedro de Atacama, genießen den Trubel und das besondere Flair der kleinen Stadt mit seinen zahlreichen Shops, Kaffees und Souvenirläden. Auch der Besuch zum beobachten des Sonnenunterganges im Valle de la Luna deckt sich zwar nicht mit den einsamen Berg- und Naturerlebnissen der letzten Tage, die einzigartige Landschaft in grandioser Abendstimmung ist aber den Ausflug mehr als wert.
Nach einem weiteren Ruhetag führt uns unser Weg ohnehin wieder in ein sehr einsames und eines der trockensten Gebiete der Atacamwüste. Fast 300km fahren wir durch einen extrem kargen, aber nicht minder beeindruckenden Abschnitt Richtung Süden an den Fuß des 6.739 Meter hohen Llullaillaco. Dieser Berg beheimatet die höchsten archäologischen Ruinen weltweit, am Gipfel wurden drei Mumien aus der Inkazeit gefunden, und wird von der chilenischen Seite nur sehr selten bestiegen. Auch uns war leider, nach einer schlechten Nacht im Hochlager auf 5.350 Meter, extrem kalten Temperaturen und viel Wind ein Gipfelerfolg nicht vergönnt.
Das konnte aber den Gesamteindruck dieser 23-tägigen Rundreise durch 3 Länder, voller Highlights nicht schmälern und so traten wir zufrieden den Rückweg nach San Pedro und weiter über den Passo Jama ins Argentinische Salta an, wo wir die Reise bei einer traditionellen Pena mit landestypischer Musik feierlich ausklingen ließen. Ein dickes Steak und ein guter argentinischer Rotwein durften dabei natürlich nicht fehlen.